"Begrüßungsgeld" in Oranienburg - was ist das denn?

 

Als ob es derzeit nichts Wichtigeres in Oranienburg zu tun gibt, liegt jetzt eine „Richtlinie über die Gewährung eines kommunalen Begrüßungsgeldes für Auszubildende und Studenten mit Hauptwohnung in der Stadt Oranienburg“ zur Abstimmung in der Stadtverordnetenversammlung vor.

Ausgearbeitet wurde diese durch die Verwaltung.

Alle Studierenden oder Auszubildenden, die sich quasi mit Beginn ihrer Ausbildung in Oranienburg mit Hauptwohnsitz anmelden, sollen ein Begrüßungsgeld von 100 € erhalten.

Voraussetzung ist u.a., dass sie den Hauptwohnsitz für mindestens 12 Monate beibehalten.

Begründet wird die neue Regelung damit, dass es bei mehr Einwohnern (mit Hauptwohnsitz) auch mehr Schlüsselzuweisungen für die Stadt gibt.

Das stimmt jedoch nur zum Teil, da die Zuweisung insbesondere auch von den Einnahmen der Stadt abhängig ist. So kann bei zum Beispiel hohen Gewerbesteuereinnahmen die Schlüsselzuweisung schnell mal um die Hälfte sinken.

Wichtig finde ich hier die Regelungen des Bundesmeldegesetzes:

Bundesmeldegesetz (BMG)
§ 21 Mehrere Wohnungen

(1) Hat ein Einwohner mehrere Wohnungen im Inland, so ist eine dieser Wohnungen seine Hauptwohnung.

(2) Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners.

(3) Nebenwohnung ist jede weitere Wohnung des Einwohners im Inland.

(4) Die meldepflichtige Person hat der Meldebehörde bei jeder An- oder Abmeldung mitzuteilen, welche weiteren Wohnungen im Inland sie hat und welche Wohnung ihre Hauptwohnung ist. Sie hat jede Änderung der Hauptwohnung innerhalb von zwei Wochen der Meldebehörde mitzuteilen, die für die neue Hauptwohnung zuständig ist.

Bundesmeldegesetz (BMG)
§ 22 Bestimmung der Hauptwohnung

(1) Hauptwohnung eines verheirateten oder eine Lebenspartnerschaft führenden Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seiner Familie oder seinem Lebenspartner lebt, ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie oder der Lebenspartner.

(2) Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Personensorgeberechtigten; leben diese getrennt, ist Hauptwohnung die Wohnung des Sorgeberechtigten, die von dem minderjährigen Einwohner vorwiegend benutzt wird.

(3) In Zweifelsfällen ist die vorwiegend benutzte Wohnung dort, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Einwohners liegt.

Bundesmeldegesetz (BMG)
§ 54 Bußgeldvorschriften

(1) Ordnungswidrig handelt, wer entgegen § 19 Absatz 6 eine Wohnanschrift anbietet oder zur Verfügung stellt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.

entgegen § 17 Absatz 1, auch in Verbindung mit § 27 Absatz 2 Satz 2 oder § 28 Absatz 1 Satz 1 oder Satz 2, entgegen § 29 Absatz 1 Satz 2 oder Absatz 4 Satz 2 oder § 32 Absatz 1 Satz 2 sich nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig anmeldet,

2.

entgegen § 17 Absatz 2 Satz 1 sich nicht oder nicht rechtzeitig abmeldet,…

6.

entgegen § 21 Absatz 4 Satz 2 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht,…

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro und in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu tausend Euro geahndet werden.

 

Also offensichtlich kann man sich nicht so einfach aussuchen, wo der Hauptwohnsitz ist und mit Geld ist da wohl auch nicht so viel zu machen. Zielt diese „Kampagne“ nicht eher darauf ab, möglichst schnell die 50.000 Einwohner Grenze in Oranienburg zu überschreiten? Der Plan in wohl, bis 2030 schon 51.000 Einwohner zu haben. Und noch was scheint wichtig zu sein: mit steigender Einwohnerzahl steigt auch das Gehalt des Bürgermeisters.

In dem Beschluss wird die Stadt Greifswald als Beispiel für ein solches Begrüßungsgeld angeführt.

Deshalb habe ich mir das mal angesehen. Das ist zu finden, wenn man „Begrüßungsgeld Greifswald“ bei Goggle eingibt:

"Erstwohnsitzkampagne

Gemeinsam mit der Universität Greifswald werben wir im Rahmen der Erstwohnsitzkampagne »Heimathafen Greifswald« für die Anmeldung des Hauptwohnsitzes in Greifswald. Bestandteil der Kampagne ist u.a. ein Gutscheinbuch, das jeder Neubürger bei Ummeldung in der Meldestelle der Stadt überreicht bekommt. Das Gutscheinbuch erscheint einmal im Jahr und beinhaltet Angebote wie z.B. Ermäßigungen auf ein Abendessen, Sportkurs oder Theaterbesuch – für Unternehmen eine gute Gelegenheit sich vorzustellen.

Heimathafen Greifswald - Ein Willkommensgruß

Aktion für Neugreifswalder mit Hauptwohnsitz in Greifswald

Seit 2014 heißen ungewöhnliche Marketingaktionen im Rahmen der Erstwohnsitzkampagne die Neu-Greifswalder willkommen und machen Lust darauf die neue Heimatstadt näher kennenzulernen. Mit dem Slogan Heimathafen Greifswald. Mein Studienort – Mein Hauptwohnsitz werben die Stadt Greifswald und die Greifswald Marketing GmbH gemeinsam mit der Universität, der Studierendenschaft und dem AStA für eine hauptwohnsitzliche Ummeldung. Ein Teil dieser umfangreichen Werbekampagne ist das Gutscheinbuch Heimathafen Greifswald. Ein Mix aus Stadtführer und Gutscheinangeboten von Greifswalder Einzelhändlern, Kultureinrichtungen & Unternehmen. Das Gutscheinbuch wird bei der Anmeldung des Hauptwohnsitzes im Bereich Einwohnermeldewesen im Stadthaus überreicht. Zugleich können Studierende und Auszubildende hier einen Antrag auf die einmalige Umzugsbeihilfe in Höhe von 100 Euro stellen."

 Das hört sich schon ganz anders an. Also einen Willkommensgruß in Form eines Gutscheinheftes für alle, die sich in der Stadt anmelden und dazu die Umzugsbeihilfe. Warum wird hier in Oranienburg nicht so ein Weg beschritten?

Leider wurde der Vorschlag aus dem Finanzausschuss, diese „Prämie“ in Form eines Gutscheines zu gewähren, nicht weiterverfolgt und der Beschluss in etwas geänderter Form bisher in allen Fachausschüssen bestätigt. Dabei ist man sich offensichtlich auch nicht ganz schlüssig, ob man nun nur die Studierenden und Auszubildenden meint, die in Oranienburg ein Studium oder eine Ausbildung absolvieren oder auch die, die nur nach Oranienburg ziehen, und zum Beispiel in Berlin lernen.

Es ist sicher nicht schlecht, die neuen Oranienburger/innen zu begrüßen und diejenigen zu belohnen, die sich hier mit Hauptwohnsitz anmelden. Bei zum Beispiel 500 Studierenden oder Auszubildenden, die sich pro Jahr in Oranienburg mit Hauptwohnsitz anmelden, müsste die Stadt 50.000 € zahlen. Das ist schon einen ganze Menge Geld. Aber wäre es nicht auch gut, denjenigen, die schon lange hier leben und damit zur Entwicklung unserer Stadt betragen, einmal „danke“ zu sagen, zum Beispiel mit vergünstigten Eintrittspreisen im Schlosspark? Weitere gute Ideen gibt es bestimmt und Geld ist auch für solche Leistungen der Stadt vorhanden.

Ich halte diesen Beschluss für überflüssig und zu kurz gesprungen, vielleicht sollten sich Verwaltung und Stadtverordnete hier noch etwas mehr Mühe geben, in Greifswald scheint das jedenfalls so gewesen zu sein.


 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Oranienburger Unternehmer*innen leiden - und die Stadt schaut zu, ein Trauerspiel!

Bürgermeister geht in die Unterhaltungsbranche